Mensch und Biber: eine neue Ära des Zusammenlebens bricht an
Aus dem Interview mit Thomas Amsler, sowie der allgemeinen Internetrecherche wird schnell klar: der Biber beschäftigt die Menschen. Er ist ein Tier, welches wir lange nicht mehr um uns hatten und auch bis heute eher im Hintergrund agierte aufgrund der kleinen Bestandszahlen. Doch durch die zunehmenden Populationen werden wir uns wieder an diesen wichtigen und fleissigen Gewässerbewohner gewöhnen müssen. Und nicht nur das, wir müssen lernen, einem Einheimischen Tier, welches wir vertrieben hatten, wieder Platz innerhalb unserer Natur und Gesellschaft zu geben. Das scheint keine so einfache Aufgabe zu werden, wenn man aktuelle Entwicklungen anschaut. In der Google Suche findet man problemlos tägliche Schlagzeilen wie «Süsses Tier verursacht wüste Schäden» (Wicki 2022) oder «Zähme deine Zähne, Biber!» (Wälti 2023).
Generell besteht Konfliktpotenzial hauptsächlich für beeinträchtigte und künstliche Gewässer, deren nahe Umgebung durch den Menschen genutzt wird. Wie im Kapitel «Rechtliche Grundlagen» erläutert, können hauptsächlich Frassschäden, Vernässungen, das Fällen von Bäumen, Untergrabungen, sowie Verstopfungen auf den Biber zurückgeführt werden. Dies führt zu Ernteeinbussen und erhöhte Unterhaltsaufwände für Infrastruktuanlagen. Gemäss dem Bafu (2016, 8) haben diese Schäden wenig volkswirtschaftliche Bedeutung, jedoch können einzelne Bewirtschafter stark betroffen sein. Gemäss Thomas Amsler führt genau dies zu einer erhöhten Emotionalität in Konflikten. Denn während viele Landwirte und Landwirtinnen gar nicht betroffen sind, so trifft es einige wenig stark. Und durch den Schutzstatus des Bibers ist die Ergreifung von Massnahmen sehr schwierig. Das ist frustrierend und da hilft auch die Entschädigung von Bund und Kanton wenig. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass der Biber sich seinen ursprünglichen Lebensraum langsam zurückholt, zur grossen Freude der restlichen Natur. Dass wir diese Uferregionen nun teilen müssen, scheint dabei mehr für uns ein Problem zu sein, als für den Nager. Denn im Allgemeinen nutzt der Biber nur einen schmalen Streifen am Gewässer. Die meisten Konflikte beschränken sich somit auch auf einen 20 Meter breiten Uferstreifen (Bafu 2016, 12). In Zukunft werden wir in Anbetracht der steigenden Biberbestände vermehrt diese Platzbedürfnisse respektieren müssen und uns für ein friedliches Zusammenleben etwas weiter vom Ufer entfernt niederlassen.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die aktuelle Gesetzgebung wieder ändern wird. Bald werden die Zahlen der schweizweiten Bestandesaufnahme 2021/2022 veröffentlicht. Darin wird quantitativ klar festgestellt werden können, wie und wo sich die Bestände in der Schweiz vergrössert haben. Solange der Biber Platz und Nahrung an unseren Flüssen und Bächen findet, wird diese Zahl weiterhin anwachsen. Dadurch steigt sowohl der Druck auf Bund und Kantone, aber auch die Notwendigkeit der Entwicklung von detaillierteren Konzepten und Lösungen für ein friedliches Zusammenleben mit dem Biber. Denn dass der Nager von wichtiger Bedeutung für unsere Natur ist, das lässt sich nun dank vielen schönen Beispielen nicht mehr leugnen. Der Biber ist eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes und nun liegt es an uns, wie wir diese Geschichte mit Respekt für unsere Natur weiterspinnen.
Foto aus dem Naturmuseum Solothurn: Aussetzung Norwegischer Biber im Kanton Thurgau durch Anton Trösch im Jahre 1968 (links, im Karohemd). Die Aussetzungen wurden schweizweit mit grossem Interesse verfolgt, wie sich auch hier an der Zuschauerschaft erkennen lässt.
Quellen:
Bundesamt für Umwelt BAFU. 2016. "Konzept Biber Schweiz, Vollzugshilfe des BAFU zum Bibermanagement in der Schweiz". 05.09.2016
Wälti, Simon. 2023. "Zähme deine Zähne - Biber!" Berner Zeitung, 28.01.2023. https://www.bernerzeitung.ch/zaehme-deine-zaehne-biber-655918273974
Wicki, Florian. 2022. "Süsses Tier verursacht wüste Schäden: Biberaktivitäten stellen die Gemeinde vor einen Zwiespalt". Aargauer Zeitung, 05.11.2022. https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/wyna-suhre/holziken-suesses-tier-verursacht-wueste-schaeden-wird-der-biber-in-holziken-langsam-zum-problem-ld.2367651?reduced=true